Es ist der erste Advent und vielleicht sitzt ihr gerade wie ich gemütlich da, mit leiser Weihnachtsmusik im Hintergrund, den Duft eines Räucherkerzchens in der Nase, eine Tasse Tee und ein paar Plätzchen neben euch… und habt auch ein bisschen Zeit, mich gedanklich noch einmal in unseren Urlaub in Südosteuropa im September/Oktober zu begleiten. Ich würde mich freuen! In meinen letzten beiden Beiträgen zu diesem Thema hatte ich euch mit auf eine kulinarische Tour durch die slowenische Hauptstadt Ljubljana genommen und euch gezeigt, wie schön es an der dalmatinischen Küste ist und wie ein echtes Luxusessen auf Kroatisch geht. Heute machen wir uns auf zu unserer dritten Station – es geht von Kroatien aus weiter ins Nachbarland Bosnien-Herzegowina, genauer gesagt nach Mostar!
Nachdem wir einige Tage lang die dalmatinische Küste unsicher gemacht haben und u.a. in Split, in Dubrovnik und auf der wunderschönen Insel Hvar waren, haben wir uns zu einem Ausflug landeinwärts aufgemacht, denn wir wollten unbedingt einmal Bosnien-Herzegowina bereisen. Ich erinnere mich noch genau daran, wie ich von diesem Land das erste Mal gehört hatte… Es war Anfang der 90er Jahre, ich war sechs oder sieben, und im Fernsehen waren Nachrichten über Krieg. Ich fragte meine Eltern, wo denn dieses Bosnien-Herzegowina liegt, von dem jetzt immer geredet wird, in Erwartung, dass es irgendwo ganz weit weg auf einem anderen Kontinent ist. Als meine Mama es mir dann auf der Karte gezeigt hat, konnte ich gar nicht glauben, dass es mitten in Europa liegt, dass also gar nicht so weit von uns entfernt Krieg herrscht. Auch ohne Klischees zu bemühen, muss ich sagen, dass man bei Bosnien-Herzegowina auch bisher leider immer noch viel zu oft an Geschichten von Krieg und Zerstörung denkt. Als Urlaubsland jedenfalls haben die meisten von uns es doch viel weniger auf dem Schirm als z.B. Kroatien. Zeit also, dass wir uns selbst ein Bild machten! Ich werde in meinem Text den Schwerpunkt auf die kulinarischen Erlebnisse legen. Mehr zur Stadt und unseren Eindrücken erfahrt ihr im Blog-Artikel meines Freunds.
Als Ausflugsziel bot sich Mostar, die größte Stadt im Süden des Landes, der Herzegowina, an. Mostar ist mit dem Auto ca. zwei Stunden von unserem Ferienort Drvenik in Kroatien entfernt. Wir verlassen Kroatien nach etwa einer Stunde Fahrt über den Grenzübergang bei Metković und folgen dem Flusslauf der Neretva ca. eine weitere Stunde lang bis nach Mostar. Sowohl der Grenzübertritt als auch die Fahrt verlaufen problemlos. Mostar liegt in einem Talkessel eingekeilt zwischen Bergen – diese geschützte Lage führt auch dazu, dass die Temperaturen im Sommer in Mostar sehr hoch sind, es ist neben Sevilla die heißeste Stadt Europas. Die Stadt wird uns als Stadt der Gegensätze in Erinnerung bleiben. Wir suchen zunächst nach einem Parkplatz und werden in der Tiefgarage der Mepas Mall fündig, einem riesigen und modernen Einkaufszentrum, das so und mit den darin enthaltenen Geschäften (Mango, Zara, H&M, Deichmann, dm…) auch in einer deutschen Großstadt stehen könnte. Wenn man die Mall verlässt, erwartet einen jedoch direkt gegenüber… ein völlig ausgebomtes Gebäude. Und es ist nicht das einzige in Mostar.
Den Weg von der Mall in die Altstadt säumen zahlreiche Gebäude, die entweder total ausgebombt, teilweise zerstört oder doch zumindest sichtbar von Granatsplittern getroffen sind. Graffitis wie z.B. “Never forget ’93” (1993 – das Jahr, in dem die Altstadt von Mostar und die berühmte Stari Most zerstört wurden) sind allgegenwärtig. Spätestens jetzt weicht unsere Abenteuerlust einer nachdenklichen, etwas gedrückten Stimmung. Es wird nachhaltig klar: Hier war vor gar nicht allzu langer Zeit Krieg, und so sieht es danach aus. Ein an sich vielleicht banaler Gedanke, aber für mich war es sehr berührend und aufrüttelnd, denn Bilder von Kriegsschäden kannte ich bisher nur aus dem Fernsehen oder von alten Fotos. Sich einmal direkt durch eine zum Teil noch zerstörte Stadt zu bewegen, war eine ganz andere Erfahrung, die uns doch ganz schön zugesetzt hat.
Natürlich ist Mostar nicht nur eine vom Krieg gezeichnete Stadt, sondern auch eine Stadt im Aufbruch. Viele Gebäude sind bereits saniert, moderne Einkaufszentren wie die Mepas Mall sprießen aus dem Boden, und auch die Altstadt von Mostar hat wieder zu alter Schönheit zurückgefunden. In der Altstadt fühlt man sich ein bisschen wie in einer anderen Welt, orientalische Einflüsse sind deutlich spürbar, nicht nur der vielen Moscheen wegen, die das Stadtbild zumindest in diesem muslimischen Teil der Stadt prägen. Die Gebäude sind niedrige, grau-braune Steinhäuser, die Straßen bestehen aus alten, groben Pflastersteinen, eine Art Basar zieht sich durch die engen Gässchen. An der berühmten Stari Most angekommen ist es eher ruhig an diesem Nachmittag Anfang Oktober. Die Besucherströme, die in den Sommermonaten aus dem nahen Kroatien nach Mostar kommen, sind nahezu versiegt, und nur ein Brückenspringer wartet auf der Stari Most auf Geldgeber, die ihn für einen Sprung entlohnen.
Jetzt in der Nachsaison, wo nur wenige Besucher durch die engen Gassen der Altstadt ziehen und die Souvenirhändler zumeist vergeblich auf Kundschaft warten, liegt eine irgendwie bleierne, gedrückte Stimmung auf der Stadt – und auch auf uns. Wir müssen uns eingestehen, dass uns der Ausflug und die unmittelbare Konfrontation mit den Kriegsschäden doch ziemlich mitgenommen hat – auch wenn es sich aus unserer Sicht unbedingt lohnt, nach Mostar zu fahren und sich einmal selbst ein Bild zu machen! Wir überlegen, aufzubrechen und nach Kroatien zurückzufahren, entscheiden uns dann aber, den Tag mit einem Abendessen in Mostar ausklingen zu lassen. Gute Entscheidung!
Auf unserem Weg durch die Altstadt sind wir zweimal an der Terrasse eines kleinen Restaurants vorbeigekommen, das im Verhältnis zur eher leeren Innenstadt sehr gut besucht ist und wo die Gäste alle mit zufriedenen Gesichtern vor riesigen Fleischplatten sitzen, die verführerisch gut duften. Auch wir nehmen auf der Terrasse des Restaurants Tima-Irma Platz – und erfahren erst später, dass es sich um eines der empfehlenswertesten Restaurants Mostars handelt, das z.B. auch bei TripAdvisor auf Platz 1 liegt. Und das aus unserer Sicht völlig zurecht, denn wir haben Fleisch selten so in Perfektion zubereitet gegessen wie bei Tima-Irma! Das Restaurant ist spezialisiert auf Ćevapčići und andere Fleischgerichte aus der Balkanküche. Außerdem gibt es Forellen, die an der Buna-Quelle im kleinen Ort Blagaj unweit von Mostar gefangen werden.
Wir entscheiden uns für Pljeskavica (gegrilltes Hacksteak mit Schafskäse-Füllung und Käse überbacken, ähnlich dem griechischen Bifteki) sowie für die gemischte Fleischplatte, die mit Ćevapčići, gegrilltem Lamm, gegrilltem Hähnchenbrustfilet und einem gegrillten Hähnchenspieß aufwartet. Beide Gerichte werden mit Krautsalat, Ajvar, Schafskäse und frischem, warmem Fladenbrot serviert und sind von hervorragender Qualität. Eines der besten Essen in unserem Urlaub! Auch die Wirtin besticht durch Freundlichkeit und Herzlichkeit. Fast schon peinlich ist uns am Ende die Rechnung: Für die beiden Riesenportionen und mehrere Getränke möchte man insgesamt nicht einmal 15 Euro von uns… Wir runden auf 20 auf, was zunächst mit ungläubigem Staunen, dann mit Begeisterung zur Kenntnis genommen wird, und bekommen dafür noch bosnisches Bier für den Heimweg geschenkt. Auch diese Erfahrung macht nachdenklich und zeigt, wie viel ein paar von uns oft leichtfertig ausgegebene Euro wert sein können.
Natürlich habe ich mich von dem leckeren Essen bei Tima-Irma inspirieren lassen, um meine persönliche Variante des Essens zuhause nachzukochen. Entschieden habe ich mich für die Pljeskavica, also die gefüllten Hacksteaks, mit selbstgemachtem Ajvar und selbstgebackenem Pfannen-Fladenbrot. Richtig schön würzig, herzhaft, sättigend und sehr sehr lecker, auch wenn ich leider zugeben muss, dass Tima-Irma das Fleisch noch einen Ticken besser zubereitet als ich… Zumindest was Ajvar und Fladenbrot angeht, bin ich jedoch meiner Meinung nach schon nah dran 😉 Serviert wird das Ganze am besten mit einem erfrischenden Salat aus Paprika, Tomaten, Gurken und Zwiebeln sowie mit eingelegten Peperoni. Bei Tima-Irma würde zusätzlich noch ein Stück Schafskäse auf dem Teller liegen (wie mein Freund als Käse-Liebhaber kritisch angemerkt hat), ich finde jedoch, dass die Käseration mit Käse-Füllung und überbackenem Käse bereits ausreichend groß ist 🙂
für vier Personen
für das Ajvar
2 rote Paprikaschoten
1 Aubergine
eine kräftige Prise Salz
1 TL Zucker
1 TL Weißweinessig
1 Knoblauchzehe
Pfeffer aus der Mühle
25 ml Olivenöl
eine Prise Koriander
eine kräftige Prise Thymian
eine kräftige Prise Chili
Den Ofen auf 180 Grad vorheizen. Paprika vierteln und entkernen, Aubergine ebenfalls vierteln. Beide Gemüsesorten auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen (Paprika mit der Hautseite nach oben, Auberginen mit der Hautseite nach unten) und im vorgeheizten Ofen ca. 45 Min. lang backen. Herausnehmen und kurz auskühlen lassen, bis man sie
gut anfassen kann.
Aus den Auberginen das weiche Innere herauskratzen, grob zerkleinern undnin einen Zerkleinerer füllen. Paprika mithilfe eines kleinen Messers häuten, ebenfalls grob zerkleinern und in den Zerkleinerer geben. Nun alle anderen Zutaten zugeben, alles im Zerkleinerer gut pürieren und ggf. nochmals abschmecken. (Geht statt mit dem Zerkleinerer natürlich auch mit einem Pürierstab oder im Mixer.)
Möchte man das Ajvar nicht gleich verwenden, sondern einige Tage aufheben, sollte man es in saubere, sterilisierte Gläser füllen und mit einer Schicht Olivenöl bedecken.
für die Pfannen-Fladenbrote
20g frische Hefe (ersatzweise 1 knapper TL Trockenhefe)
1/4 TL Kreuzkümmel
300g Mehl (Type 550, plus etwas mehr zum Ausrollen)
gut 1/2 TL feines Meersalz
1 EL Olivenöl
Für den Teig Hefe und 200 ml lauwarmes Wasser verrühren. Kreuzkümmel mit dem Mehl und dem Salz in einer großen Schüssel mischen. Aufgelöste Hefe und das Öl dazugießen und alles mit den Knethaken des Handrührgeräts zu einem
geschmeidigen Teig verkneten. Mit Mehl bestäuben und abgedeckt 15 – 30 Minuten gehen lassen.
Backofen auf 80°C vorheizen. Den Teig noch mal kurz durchkneten, dann in mehr oder weniger gleich große Stücke teilen, 8 – 10 sollten es sein. Ein Teigstück auf der bemehlten Arbeitsfläche mit einem Nudelholz zu einem sehr dünnen und möglichst runden Fladen ausrollen. Parallel dazu eine große Pfanne heiß werden lassen (mittlere
bis hohe Hitze). Dann etwas Olivenöl in die Pfanne geben, den ersten Fladen hineinlegen und mit wenig Öl beträufeln. Sobald die Unterseite erste dunklere Flecken bekommt (das geht sehr schnell!), Fladen wenden
und fertig backen. In den Ofen geben und warm halten. Nach und nach aus den restlichen Teigstücken Fladenbrote zubereiten.
400g gemischtes Hackfleisch
1 Zwiebel
2 TL scharfer Senf
2 Eier
4 EL Paniermehl
Kreuzkümmel
edelsüßes Paprikapulver
Salz, Pfeffer aus der Mühle
120g Feta
4 Scheiben Käse (am besten aus Schafsmilch)
neutrales Pflanzenöl zum Braten
Zwiebel schälen und fein würfeln. Zusammen mit dem Hackfleisch, Senf, Eiern, Paniermehl und den Gewürzen in eine Schüssel geben und zu einem Fleischteig verkneten. Abschmecken und ggf. nachwürzen.
Feta zuerst quer und dann die beiden Hälften längs halbieren. Jedes Fetastück mit Hackfleischmasse umhüllen. Öl in einer schweren Pfanne (am besten eine Grillpfanne) erhitzen und das Fleisch darin von beiden Seiten knusprig anbraten. Dann die Hitze auf mittlere Stufe schalten und das Fleisch ca. 10 Minuten lang zuende garen. In den letzten Minuten mit den Käsescheiben belegen und diese auf dem Fleisch schmelzen lassen.
Quellen
Fladenbrot nach Nicole Stich: delicious days
Ajvar und Pljeskavica eigene Rezepte (aus mehreren anderen zusammengewürfelt)
Kommentare
Leo
Großartig!